Modelle zur Berechnung der optischen Eigenschaften von Cirren werden sowohl für die numerische Modellierung der Klimawirkung von Cirren als auch für die aktive und passive Fernerkundung der optischen und mikrophysikalischen Eigenschaften von Cirren benötigt.
Daher wird in der vorliegenden Arbeit zum einen ein Strahlverfolgungsmodell auf der Basis der geometrischen Optik um die Berechnung der Absorption, Polarisation und Beugung erweitert, mit dem optische Eigenschaften von Eiskristallen auf der Grundlage von Größe und Form der Kristalle berechnet werden. Zum anderen wird mit Hilfe eines eigens zu diesem Zweck entwickelten Radiometers die Anwendbarkeit der berechneten optischen Eigenschaften für Fernerkundungsaufgaben untersucht.
Mit dem Strahlverfolgungsmodell werden die optischen Eigenschaften einzelner säulen- und plättchenförmiger hexagonaler Eiskristalle verschiedener Größe bei mehreren Wellenlängen im solaren Spektralbereich berechnet. Diese Daten erlauben die Berechnung der optischen Eigenschaften von Cirren im gesamten solaren Spektralbereich durch die Verwendung realistischer, gemessener Eiskristall-Größenverteilungen. Die säulenförmigen hexagonalen Kristalle werden als idealisiertes Standard-Modell der Kristallform benutzt. Die plättchenförmigen Kristalle dienen der Untersuchung der Variabilität der optischen Eigenschaften aufgrund der Kristallform.
Der Einfluß der Variationsbreite der optischen Eigenschaften von Cirren auf die Energiebilanz der Erde wird in einer Sensitivitätsstudie zum Einfluß der Größenverteilung und der Teilchenform auf die spektrale Albedo am Oberrand der Atmosphäre untersucht. Dabei ergibt sich, daß im sichtbaren Spektralbereich die Unterschiede in der Albedo aufgrund der beiden extremen Teilchenformen erheblich sind, während der Einfluß der Größenverteilung gering ist. Im nahen Infrarot ist es gerade umgekehrt. Für Untersuchungen mittlerer, klimatischer Zustände bedeutet das, daß die Eignung der hexagonalen Säulen als Standard-Modell für mittlere Verhältnisse in Zukunft weiter untersucht werden muß.
Da vom Boden aus in der Atmosphäre nur selten Halos zu beobachten sind, wird in einer weiteren Sensitivitätsstudie der Einfluß der Mehrfachstreuung auf die Sichtbarkeit von Halos untersucht. Dabei ergibt sich, daß Cirren optisch mindestens genauso dick sein müssen wie die restliche Atmosphäre, damit am Boden ein 22°-Halo beobachtet werden kann.
Die Eignung des idealisierten Eiskristall-Modells für die Anwendung auf Fernerkundungsaufgaben wird experimentell durch den Vergleich gemessener und modellierter winkelabhängiger Strahldichten untersucht. Dazu wird ein Radiometer entworfen und gebaut. Der relative Verlauf der gemessenen Strahldichteverteilungen kann unter Verwendung der optischen Eigenschaften der hexagonalen Säulen außerhalb der Halobereiche gut modelliert werden. Gleichfalls durchgeführte Vergleichsrechnungen unter Verwendung der optischen Eigenschaften von Eiskugeln ergeben keine brauchbare Übereinstimmung mit den Messungen.